Ulrich Schütte



Erstveröffentlichung "Die 13 Monate" von Erich Kästner/Edmund Nick

interpretiert von Ulrich Schütte (Gesang), Gerold Huber (Klavier)

erschienen Oktober 2009 bei duo-phon-records, Berlin

Pressestimmen:

... Die zyklische Anlage der Musik, ihre bezaubernden, nie aufdringlichen Tonmalereien und die kleinen Anspielungen (insbesondere Chopins berühmter Trauermarsch geistert, wo's winterlich wird, dezent durch die Noten) wären an sich schon ein Vergnügen und sind es desto mehr, als die zwischen Wort und Ton herrschende Einheit von den beiden Vortragenden mit sehr großer Freude am Sujet und bedeutendem Nuancenreichtum zum Leben erweckt werden. Sind das noch Chansons - oder nicht vielmehr zwar tonal-anachronistische, daher aber auch desto wertvollere Lieder, die vermöge ihrer leicht illustrativen, mit aller pianistischen Sensibilität vorgetragenen Wanderung durch das Jahr einen geschichtlichen Abriss über die Gattung selbst liefern? Darüber müssen wir uns den wortklauberischen Kopf nicht zerbrechen. Am Ende, wenn der "dreizehnte Monat", bei der Niederschrift des Gedichts noch keine tarifliche Zwangsmaßnahme, gesprochen wird, wissen wir's: Das ist was für den Konzertsaal, so wie das, was Kästner und Nick vor dem Kriege produzierten, definitiv ins beste Kabarett gehörte. Die fünf frechen "Zugaben" der CD verweisen, ohne dass das geplant gewesen wäre, auf eine weitere, umfänglichere Neuveröffentlichung: die 1929 im Breslauer Rundfunk uraufgeführte "lyrische Suite in drei Bildern" namens Leben in dieser Zeit, die gerade bei cpo herausgekommen ist - Abrechnung mit einer Gegenwart, die sich unablässig wiederholt, ohne dass die, die sich "wiederholen lassen", davon etwas mitbekämen. Das ist "die Existenz als Grammophon: Wenn einer kurbelt, dreh'n sich alle mit!" Auch der Mann mit Namen Schmidt, von dem die erste Zugabe zu den Dreizehn Monaten ein irgendwie vertrautes Portrait entwirft ...

klassik-heute.com, Rasmus von Rijn vom 14.6.2010






Vielleicht muss man eine Rezension dieser neuen, von Duophon Records herausgebrachten CD von hinten aufzäumen. Denn auf den 1970er Liederzyklus 'Die 13 Monate' von Erich Kästner (Text) und Edmund Nick (Musik) folgen als Bonustracks fünf Songs aus der ersten Kollaboration der beiden Herren, der im Dezember 1929 für den Breslauer Rundfunk produzierten 'Hörfolge' mit Titel 'Leben in dieser Zeit'. Diese fünf Lieder treffen den typischen Weimarer Tonfall ideal, den eklektischen Mix aus Gebrauchsmusik, Neuer Sachlichkeit, Kitsch und Kessheit. Die Texte sind bester Kästner, und Nick schreibt dazu eine minimalistische, eingängige, freche Musik in Weill-Nähe. (Ohne ganz Weills geniale Eingängigkeit und groteske Charakterisierungskunst zu erreichen, die man beispielsweise hören kann in dessen eigener Kästner-Vertonung 'Der Abschiedsbrief' von 1933.) Nicks Klangsprache ist weicher, einschmeichelnder, ohne die typischen Weillschen ironischen Brechungen. Aber eben doch augenzwinkernd genug, um Kästners Poesie ideal einzufangen (...).

(...) Die Lieder von 1929 sind toll, jedes einzelne lohnt die Bekanntschaft, so dass es grundsätzlich begrüßenswert ist, dass jemand wie Schütte sie neu aufnimmt im Rahmen eines Lieder-Recitals und somit neu zur Diskussion stellt.

Der Hauptteil der CD besteht aus 13 Liedern, die Nick 1969 schrieb, basierend auf Gedichten, die sein guter Freund Kästner 14 Jahre zuvor für eine Zeitschrift im Auftrag verfasst hatte. Man könnte die '13 Monate' als typische Fünfziger-Jahre-Lyrik beschreiben: nett, aber zahnlos. Was wiederum den 78-jährigen Nick inspirierte, eine wilde, überspätromantische Melange zu komponieren, bei der manches nach Wagners Wesendonck-Liedern ('Sausendes, brausendes Rad der Zeit') klingt, manches nach Loewe-Balladen, manches nach Schubert/Schumann, mit einer eingestreuten Chopin-Polonaise zwischendurch (...).

(...) Wer neugierig auf Raritäten ist und einen definitiv ungewöhnlichen Liederzyklus kennenlernen möchte, dem sei diese CD wärmstens empfohlen. Gesungen und gespielt wird auf hohem künstlerischem Niveau und mit exemplarischer Textverständlichkeit.

Klassik.com, Herr Dr. Kevin Clarke, 28.04.2010






In Deutschland tat und tut man sich immer noch schwer mit dem leichten Genre, das in Frankreich unter dem Etikett "Chanson" firmiert, sich aber sowohl literarisch als auch musikalisch auf durchaus hohem Niveau bewegen kann. In der Zeit von 1918-33 zu bescheidener Blüte gelangt, war es später aus unseren Gefilden wieder vertrieben, und kaum noch erinnert man sich heute an die so fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Erich Kästner und dem Komponisten Edmund Nick, die von den Nazi-Machthabern zwar unterbrochen, doch nicht beendet wurde und in der Vertonung des Zyklus "Die 13 Monate" 1969 nochmals eine späte Blüte erlebte. Nach einer einzigen Darbietung im Fernsehen geriet er in Vergessenheit, bis er durch eine Begegnung des Sängers Ulrich Schütte mit der Tochter von Nick wieder ans Tageslicht kam und in diesem Jahr endlich auch "live" erklang, unter anderem bei den Pfingstkonzerten im Hagerhof bei Bad Honnef. Nun ist er auch in einer technisch exzellenten Produktion auf CD erschienen und sei allen Liebhabern literarisch orientierter Musik wärmstens empfohlen. Kästners Meisterstück einer leichtgewichtig daher kommenden, aber sehr hintersinnigen Dichtung findet in Nicks Vertonung ihre ideale Entsprechung, zumal sich auch der Komponist hier wieder stärker dem Genre des Kunstliedes annähert, ohne den charmanten Plauderton seiner typischen Klangsprache ganz aufzugeben. In Schüttes sehr präziser Deklamation versteht man jedes Wort und erkennt überall Kästners verschmitzte bis skeptische Haltung. Ideal in seiner gekonnten Zurückhaltung steuert der Pianist Gerold Huber seinen anspruchsvollen Klavierpart bei. Als Ergänzung bringen die beiden noch weitere fünf Kästner-Nick-Chansons aus der Zeit um 1930, die ein gutes Exempel für die damalige Szene bieten, aber auch deren starke Zeitgebundenheit verraten, im Gegensatz zur zeitlosen Schönheit und Tiefe des "Monate"-Zyklus, dem man kaum etwas Gleichartiges und Gleichwertiges zur Seite stellen mag.

Kästner-Nick: "Die 13 Monate", gesungen von Ulrich Schütte - duo-phon records 06 35 3

Köln-Bonner Musikkalender Ausgabe Januar 2010




Vanitas vanitatum - alles ist eitel, vergänglich. Und zwar nicht nur im Herbst, wenn die Welt sich ohnehin ans Sterben macht, sondern jederzeit. Das spiegeln die dreizehn Monats-Gedichte, die Erich Kästner 1955 als Auftragsarbeit für eine Zeitschrift schuf, in jeder Strophe, mindestens in jedem Gedicht, sei es nun für den November (der das erwarten lässt) oder für den Mai, den "Mozart des Kalenders". Dass Kästner (1899-1974) dieses in so vielen Facetten dargestellte Verrieseln von Zeit und Leben nicht als negativ empfindet, zeigt einerseits der Schalk, mit dem er das jeweils Typische eines Monats aufs Korn zu nehmen zu weiß und den Menschen in all seiner Schlichtheit - selbst im Existenziellen - entlarvt. Andererseits nimmt sich Kästner mit einer großen Zärtlichkeit dieses so zerbrechlichen Lebens an, das in allem Wandel doch im Grunde gleich bleibt und stets wiederkehrt. Da darf es sogar einen dreizehnten Monat geben, der einer freien Gestaltung offen stünde, ... wenn nicht auch ein dreizehnter Monat doch immer den Gesetzen der Zeit unterworfen wäre: "Und werden kann nur, was schon immer war...".

Edmund Nick (1891-1974) war Komponist, Dirigent und Musikschriftsteller. Er hat für Rundfunksender (zuletzt 1952-1956 für den WDR als Leiter der Hauptabteilung Musik) ebenso gearbeitet wie für verschiedene Kabaretts (Die Katakombe (Berlin), Die Schaubude, München), hat gelehrt (an der Musikhochschule München) und selbst als Dirigent (der Bayerischen Staatsoperette) auch ausgeführt. Diese Vielseitigkeit und Kenntnis nicht nur von Musik, sondern auch von Literatur, Gesellschaft, Kultur ermöglichten ihm eine gleichermaßen ernste wie witzige und hintergründige Vertonung der Monatsgedichte von Kästner, den er 1929 kennengelernt hatte. In Stile von Chansons zeichnet Nick die Texte Kästners mit zahlreichen Anspielungen (nicht nur des mehrfach zitierten Chopinschen Trauermarsches), mit lautmalerischen Passagen, die etwa den tropfenden Regen ebenso plastisch darstellen wie einen krähenden Hahn, teils erzählend, teils liedhaft aufblühend nach. Die Vertonung entstand 1969/70 für eine Fernsehproduktion, nachdem Kästner seinen 70. Geburtstag gefeiert hatte. Der 13. Monat hat dabei, man möchte sagen logischerweise, kein musikalisches Kleid erhalten, sondern wird lediglich rezitiert. Die nachträglich auf Wunsch des ZDF hergestellte Instrumentierung für Orchester ist aufgezeichnet worden, die Klavierfassung dagegen nicht.

So sind 15 Jahre zwischen der Entstehung der Monats-Gedichte und ihrer Vertonung vergangen und noch einmal fast 40 bis zur ersten Aufführung dieser Vertonung in der Originalfassung mit Klavier. Das ist der Initiative des Sängers Ulrich Schütte zu danken, der sich des Zyklus' mit großem Engagement angenommen hat. Zeitgleich zu einer ersten Aufführung der Nickschen Vertonung von Kästners Monaten in München mit Ulrich Schütte, Gesang, und Gerold Huber, Klavier, ist eine CD-Produktion erschienen: "Erich Kästner in Liedern und Songs von Edmund Nick" (mit fünf weiteren Vertonungen von Kästner-Gedichten durch Nick), Label duo-phon-records, Edition Berliner Musenkinder Spezial, Best.-Nr. 06 35 3.

Schütte gestaltet die Vertonungen der Monats-Gedichte mit Liebe zum Detail und - in großer Nähe zum Text - mal lyrisch, mal deklamatorisch, mal keck, mal melancholisch, immer präsent, immer intonationssicher, gut verständlich und authentisch. Seine lauten Töne sind nie übertrieben, seine leisen Töne gewohnt bezaubernd, seine Klangfarben vielfältig. Gerold Huber steuert weitaus mehr als einen begleitenden Klavierpart bei, auch ihm gelingt die ausgeglichene Darstellung von Scherz und Ernst auf das Überzeugendste. Kästner und Nick hätten ihre Freude gehabt. Und Kästner hätte sich im Stillen über einen hintergründigen (und natürlich unbeabsichtigten) Druckfehler im Booklet gefreut, der ihn bereits 1947 sterben ließ - oder umgekehrt ihm im wirklichen Leben noch 27 zusätzliche Jahre geschenkt hat: "Und indes die Zeit vergeht, / bleibt uns doch nur eins: die Zeit." (Februar). Vanitas vanitatum.

Claudia Maria Korsmeier (Offenes Presseportal)


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